30. Braunschweiger Internationales Filmfest: Die Büchse der Pandora

Ungewohnte Klänge begleiten die abendlichen Spaziergänger in der Braunschweiger Innenstadt: Aus der Bartholomäuskirche dringen elektronische Akkorde – das altehrwürdige Gotteshaus lebt! Innen bewegt sich die schöne Lulu auf der Leinwand lasziv auf den Zuschauer zu. Schon der erste Augenaufschlag der intriganten Schönheit öffnet „die Büchse der Pandora“ und offenbar die Abgründe der Menschheit.

Foto Frank Sperling

Ein ungewöhnliches Crescendo aus Beats begleitet sie akustisch. Der Regisseur des gleichnamigen Stummfilms aus dem Jahr 1929 wäre von der innovativen Begleitung seines Werkes sicherlich mehr als überrascht gewesen.

Der cineastische Klassiker wurde im Rahmen des 30. Braunschweiger Internationalen Filmfest (BIFF) am 9. November in der Bartholomäuskirche ganz neu interpretiert – mit zeitgenössischer Musik. Diese lieferte das Projekt „Colorist“ von Caroline Kox und Antonio d. Luca. Es gilt als einer der mutigsten und ungewöhnlichsten Acts elektronischer Musik in Deutschland. Die Kombination des Stummfilms mit aktueller Untermalung ist ein neuer Ansatz jenseits der herkömmlichen Begleitung durch ein klassisches Ensemble. Damit unterstreicht das BIFF seinen Fokus auf Filmmusik und sein Alleinstellungsmerkmal in der norddeutschen Festivalszene. Um die kulturelle Vielfalt in der Region zu fördern, unterstützte die Stiftung Braunschweiger Land das Format gerne.

Das „Braunschweiger Filmfest“ wurde 1987 von Hochschulstudenten, Absolventen der Braunschweiger Filmklasse und Mitgliedern der „Filmkoop“ ins Leben gerufen. Sie wollten das cineastische Angebot der Stadt erweitern. Ehrenamtlich, enthusiastisch und mit viel Herzblut entwickelten sie das Programm stetig weiter. Heute gilt das Internationale Filmfest Braunschweig als ältestes Filmfestival Niedersachsens – ein Publikumsmagnet für Zuschauer, Regisseure, Schauspieler, Produzenten, Komponisten und Journalisten.